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Karl Marx – Verändert die Welt

C 17         Karl Marx    

 In seinen Thesen über Feuerbach (These 11) hat Marx konstatiert:“ Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern.“

Das ist ihm gelungen.

Karl Marx hat mit seinem Freund Friedrich Engels die theoretischen Grundlagen des Kommunismus entwickelt und diese gemeinsam im kommunistischen Manifest niedergelegt. Dies ist der Ausgangspunkt einer dramatischen Entwicklung der Weltgeschichte, die meines Erachtens durchaus mit den Auswirkungen der Erfindung des Christentums durch Paulus verglichen werden kann. In beiden Fällen wird deutlich, welche gewaltige Gestaltungskraft solche zündenden und zeitgerechten Ideen und Behauptungen in der Entfaltung der Menschheitsgeschichte besitzen.

Wie alle neuen Ideen und Philosophien fußen sie auf vorhergehenden Weltanschauungen und Denkweisen.

So auch hier: Der Kommunismus wäre ohne Feuerbach nicht denkbar. Dieser hat seinen Lehrer Hegel gestürzt, den deutschen Idealismus beerdigt und den anthropologischen Materialismus eingeführt. Gott ist eine Erfindung und eine Projektion des Menschen. Der Mensch allein steht im Vordergrund aller

philosophischen Betrachtung. Dies ist auch das Ausgangscredo des Philosophen Marx.

 Fast alle bedeutenden Schüler eines Meisters erweitern bzw. verändern dessen Lehre. So auch Marx. Er hat sich in seinem 1845 abgefassten Essay „Thesen über Feuerbach“ kritisch mit der Gotteslehre Feuerbachs auseinandergesetzt.  Die Hinwendung zum Menschen als einziger Realität und zur Abwendung von Gott als menschliches Hirngespinst ist beiden Philosophen eigen. Aber während Feuerbach die Projektion des Menschen auf ein göttliches Wesen abstrakt als ein Werk der menschlichen Gattung begreift, sieht Marx den Projektionsvorgang durch die praktischen, sinnlichen Gesellschaftsvorgänge begründet. Dies wird insbesondere in den Thesen 6 und 7 seiner Feuerbachkritik deutlich:

These 6: Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse

Feuerbach, der auf die Kritik dieses wirklichen Wesens nicht eingeht, ist daher gezwungen, 1. Von dem geschichtlichen Verlauf zu abstrahieren und das religiöse Gemüt für sich zu fixieren und ein abstrakt – isoliert – menschliches Individuum vorauszusetzen. 2. Das Wesen kann daher nur als „Gattung“, als innere, stumme, die vielen Individuen natürlich verbindende Allgemeinheit gefasst werden“.

Das menschliche Wesen ist also nach Marx das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse und ist aus diesen Ensembleverhältnissen heraus verantwortlich für die Erschaffung Gottes durch die Menschen. Wenn Feuerbach dagegen das menschliche Gemüt des Einzelnen für die Erfindung Gottes verantwortlich macht, so verkennt er nach Marx, dass das religiöse Gemüt hinwiederum selbst ein gesellschaftliches Produkt ist.

These 7: Feuerbach sieht daher nicht, dass das „religiöse Gemüt“ selbstselbst ein gesellschaftliches Produkt ist und dass das abstrakte Individuum, das er analysiert, einer bestimmten Gesellschaftsform angehört“.

Was das Phänomen „Gott“ angeht, unterscheidet sich Marx nicht von Feuerbach. Die Differenz und die Weiterentwicklung der feuerbachschen Gedanken liegt darin, dass Marx den Grund für die Erfindung Gottes durch die Menschen in deren, durch ungerechte Gesellschaftsstrukturen herbeigeführten misslichen Lebensverhältnissen, sieht.

Die Entthronung Gottes durch Feuerbach führt über den Philosophen, Marx zur Erfindung einer neuen Weltlehre mit quasi religiösem Touch und   höchster politischer Sprengkraft, die die Welt nachhaltig verändert hat.

Wie Marx Feuerbach rezipiert und mit eigenen Worten seine ablehnende Gottesvorstellung und seine hierzu erweiternden Gedanken   formuliert, entnehme ich auszugsweise seiner kleinen Schrift „Zur Kritik der Hegel’schen-Rechts-Philosophie“:

„Für Deutschland ist die Kritik der Religion im Wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik“.

Marx bekräftigt hier, dass Feuerbach Religionskritik erfolgreich zum Abschluss gekommen ist und ihr Ergebnis nunmehr nicht mehr anfechtbar ist.  Gleichzeitig konstatiert er, dass die Zulassung und Durchführung der Religionskritik den Weg freimachen, andere menschliche Umstände kritisieren zu können.

„Der Mensch, der in der phantastischen Wirklichkeit des Himmels, wo er einen Übermenschen suchte, nur den Widerschein seiner selbst gefunden hat, wird nicht mehr geneigt sein, nur den Schein seiner selbst, nur den Unmenschen zu finden, wo er seine wahre Wirklichkeit sucht und suchen muss.

Das Fundament der irreligiösen Kritik ist: der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen“.

Hier befindet sich Marx klar auf der Linie der Feuerbachschen Antigotteslehre. Nachstehend seine erweiternden Gedanken:

Das religiöse Elend ist in einem der Ausdruck des wirklichen Elenden und in einem die Protestation gegen das wirkliche Elend. Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüth einer herzlosen Welt, wie sie der Geist geistloser Zustände ist. Sie ist das Opium des Volkes“.

Hier billigt Marx der Religion die Funktion einer Tröstung der bedrängten Kreatur zu und bezeichnet mit seinem berühmten Apercu die Religion als Opium des Volks. Dieser These steht als Antithese die Erkenntnis gegenüber, dass die religiösen Tröstungen eine Illusion sind. Diese Illusion mündet schließlich in die Synthese ein, Gott und die Religion abzuschaffen und „die Wahrheit des Diesseits zu etablieren“.  Damit ist der Weg zur Erfindung des theoretischen Kommunismus eröffnet:

Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks………Es ist also die Aufgabe der Geschichte, nachdem das Jenseits der Wahrheit verschwunden ist, die Wahrheit des Diesseits zu etablieren“.

Rundend ist zu Karl Marx zu sagen, dass eine Entfernung Gottes aus den Religionen und die Etablierung des Menschen stattdessen die Verhältnisse der Menschheit nicht verbessert haben. Die bedrückend hohe Anzahl von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die das angeblich so der Liebe verpflichtete Christentum im Lauf seiner Geschichte begangen hat, wird bei weiten übertroffen von den Menschheitsverbrechen, die der von Marx und Engels in bester Absicht initiierte  Kommunismus verursacht hat. Dies gilt mindestens ebenso für den mit pseudoreligiösen Ansprüchen agierenden Nationalsozialismus.

Die hier ansatzweise begonnene Betrachtung über die vielschichtigen Auswirkungen von Religionen werde ich im letzten Teil dieses Essays fortsetzen.