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Immanuel Kant

Mein Weg zum Verständnis – Achte und letzte Folge –

Diese achte und letzte Folge der Kanterläuterungen geht mit dem Philosophen davon aus, dass es drei Kategorien von Gottesbeweisen gibt:

„Alle Wege, die man in dieser Absicht einschlagen mag, fangen entweder von der bestimmten Erfahrung und der dadurch erkannten besonderen Beschaffenheit unserer Sinnenwelt an und steigen von ihr nach Gesetzen der Kausalität bis zur höchsten Ursache außer der Welt hinauf; oder sie legen nur unbestimmte Erfahrung, d.i. irgend ein Dasein, empirisch zu Grunde; oder sie abstrahieren endlich von aller Erfahrung und schließen gänzlich a priori aus bloßen Begriffen auf das Dasein ein höchsten Ursache.

Der erste Beweis ist der physikotheologische, der zweite der kosmologische, der dritte der ontologische Beweis.

Mehr gibt es ihrer nicht, und mehr kann es auch nicht geben“ („Kritik“ 396/397).

Beginnen wir mit dem ontologischen Gottesbeweis. Dazu stelle ich ein Beispiel vor, das in dieser Sparte erstmalig und dazu grundlegend vorgetragen worden ist. Es ist der Gottesbeweis im Proslogion des Anselm von Canterbury, das der Erzbischof zur Zeit der Frühscholastik in den Jahren 1077/1078 verfasst hat.

Anselm eröffnet seinen Beweis mit folgender Aussage:

„Et quidem credimus te esse aliquid, quo nihil maius cogitari possit“. = „Und zwar glauben wir, dass Du (Gott) etwas bist, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“ (Proslogion in Reclam Nr. 18336. Kap.2 S.21-23).

Ausgehend von diesem Glaubenssatz entfaltet Anselm seine Argumente für die Wahrhaftigkeit der Existenz Gottes:

„Und zwar glauben wir, dass Du etwas bist, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Oder ist etwa ein solches Wesen nicht, weil der Tor in seinem Herzen gesprochen hat: Es ist kein Gott?

Wenn aber eben derselbe Tor eben das hört, was ich sage, nämlich etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, so versteht er ganz gewiss, was er hört, und was er versteht, ist in seinem Verstande, auch wenn er nicht versteht, was dies ist. Eines nämlich ist es, wenn eine Sache im Verstande ist, etwas anderes, wenn man versteht, dass eine Sache ist. …..

So wird also auch der Tor überzeugt, dass etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann, zumindest im Verstand ist, weil er das versteht, wenn er es hört; und was auch immer verstanden wird, ist im Verstande.

Und gewiss kann das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, nicht allein im Verstande sein. Denn wenn es nur im Verstand allein ist, so kann man denken, es sei auch in der Wirklichkeit, was größer ist. Wenn also das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, im Verstand allein ist, so ist eben das, über das Größeres nicht gedacht werden kann, dasjenige, über das hinaus Größeres gedacht werden kann. Das kann aber mit Sicherheit nicht der Fall sein.

Es existiert also ohne Zweifel etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, und zwar sowohl im Verstande als auch in Wirklichkeit.

 

Den obigen ersten Teil seines Beweisganges beginnt Anselm mit dem Glaubenssatz, dass Gott als etwas existiert, über das nichts Größeres gedacht werden kann. Er macht also deutlich, dass der Beweis nicht über die Sinne und die Erfahrung geführt werden soll, sondern nur über die Gedanken, also nach Kant durch die Vernunft. Dann lässt er einen Menschen diesen Eingangssatz akustisch vernehmen und konstatiert, dass damit dieses Glaubensbekundung im Verstand verankert sei, ohne dass es darauf ankomme, ob der Mensch diesen Satz verstehe oder akzeptiere.

Es ist damit ein Realitätszustand dadurch erreicht, dass zumindest im Verstand die Behauptung anzutreffen ist, dass Gott etwas ist, über das hinaus nichts Höheres gedacht werden kann.

Im nächsten Schritt legt Anselm dar, dass es gewiss möglich sei zu denken, dass das, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden, also Gott, nicht allein im Verstand befindlich sei, sondern auch in der Wirklichkeit. Dies wäre dann größer als das, was im Verstand gedacht wird, also größer als der im Verstand verortete Gott.

Wenn also Gott allein im Verstand gedacht wird, so ist Gott derjenige, über den Größeres gedacht werden kann, wenn man seine wahre Existenz hinzudenkt. Aber von der Definition her kann über Gott nicht mehr (im Sinne von umfänglicher) im Verstand gedacht werden, weil über ihn bereits das Größte gedacht ist. Also kann die wahre Existenz Gottes nicht im Verstand gedacht werden, sondern sie ist außerhalb des Verstandes Realität. 

Nur mit großer Mühe habe ich den Beweisweg Anselms nachvollziehen können und bin von der Richtigkeit seines Gottesbeweises nicht überzeugt.

Dass Anselm zu Anfang bereits die Existenz Gottes und seine Größe voraussetzt, ist verständlich, weil er diese Definition als Glaubenssatz betrachtet, den er beweisen will.

 Der Beweis ist bei ihm ein reines Geschäft des Verstands oder besser mit Kant gesagt der Vernunft, die auf die sinnliche Erfahrung verzichtet und nur mit abstraktem Begriffen Gottes Existenz behauptet.

 Die Beweisführung selbst kann ich nicht als schlüssig bewerten: Weil Gott bereits im Verstand als das Größte gedacht wird und man darüber hinausdenken kann, dass Gott nicht nur im Verstand, sondern auch wirklich existiert, also größer ist als seine Größe im Verstand, existiert er in Wirklichkeit. Nur, weil man etwas anderes denken kann, ist ein lebendiger Gott bewiesen. Damit wäre der denkende Mensch der Schöpfer Gottes.

 Dieser Schritt vom reinen Gedankengebilde „Gott“ zum wirklichen Gott ist mir nicht einsichtig.    Ich kann mir die emotionale Bemerkung nicht verkneifen, dass Anselm in diesem Beweisverfahren eine schwer durchschaubare Gedankenakrobatik betreibt.

 

Im dritten Kapitel des Proslogion vertieft Anselm seinen Beweisgang durch einen weiteren Gedankenakt:

„Ja, das ist schlechterdings so wahrhaft, dass auch nicht einmal gedacht werden kann, es sei nicht.

Denn wenn man kann denken, dass etwas sei, von dem man nicht denken kann, es sei nicht; das jedoch ist größer als dasjenige, von dem man denken kann, es sei nicht.

Wenn man deshalb von dem, über das hinaus nicht Größeres gedacht werden kann, denken kann, es sei nicht, dann ist das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann, nicht das, über das hinaus Größeres nicht gedacht werden kann; das aber kann nicht zusammenstimmen.

So also ist wahrhaft etwas, über das hinaus Größeres nicht gedacht nicht gedacht werden kann, derart, dass man nicht einmal denken kann, es sei nicht“ (a.a O. S 25).

 

Hier stellt Anselm die These auf, sein in Kapitel zwei vorgetragener Beweis sei so zwingend, dass es undenkbar sei, dass Gott nicht existiere.

Anselm vergleicht zu nächst zwei Vorstellungen:

Einmal, dass man etwas denken kann, von dem man nicht denken könne, dass es nicht existiere, also es existiert absolut.

Zum anderen, dass man etwas denken kann, von dem man nicht denken könne, dass es existiere, also es existiert nicht.

Die erste Variante bezeichnet Anselm als größer.

Wenn er anschließend seine Beweisdefinition mit der zweiten Variante, der ungünstigeren konfrontiert, so ergibt sich folgendes: Wenn man über das, über das man hinaus nichts Größeres denken kann, also über Gott, denken kann, es sei nichts, also er existiere nicht, dann ist Gott nicht Gott. Anselm meint, dieses Ergebnis könne nicht zusammenstimmen und entscheidet sich für die die erste, die größere Variante, nach der Gott absolut existiert.

Wiederum kann ich in diesem Gedankenspiel keine Beweiskraft erkennen. Ich sehe erneut die Vernunft am Werk, die im Grunde mit Scheinargumenten verbrämte Behauptungen als Beweise ausgibt.

Kant hat sich in seiner Kritik auch nicht speziell mit Anselm beschäftigt, sondern den ontologischen Gottesbeweis im Allgemeinen und im Prinzipiellen kritisiert:

„Man sieht aus dem bisherigen leicht: dass der Begriff eines absolut notwendigen Wesens ein reiner Vernunftbegriff, d.i. eine bloße Idee sei, deren objektive Realität dadurch, dass die Vernunft ihrer bedarf, noch lange nicht bewiesen ist….

Unser Begriff von einem Gegenstand mag also enthalten, was und wieviel er wolle, so müssen wir doch aus ihm herausgehen, um diesem die Existenz zu erteilen. Bei Gegenständen der Sinne geschieht dieses durch den Zusammenhang mit irgendeiner meiner Wahrnehmungen nach empirischen Gesetzen ; aber für Objekte des reinen Denkens ist ganz und gar kein Mittel, , ihr Dasein zu erkennen, weil es gänzlich a priori erkannt werden müsste; unser Bewusstsein  aller Existenz aber (es sei durch Wahrnehmung unmittelbar oder durch Schlüsse, die etwas mit der Wahrnehmung verknüpfen)gehört ganz und gar zur Einheit der Erfahrung; und eine Existenz außer diesem Felde kann zwar nicht schlechterdings für unmöglich erklärt werden, sie ist aber eine Voraussetzung, die wir durch nichts rechtfertigen können.

                         Der Begriff eines höchsten Wesens ist eine in mancher Absicht sehr nützliche Idee; sie ist aber eben darum, weil sie bloß Idee ist, ganz unfähig, um vermittelst ihrer allein unsere Erkenntnis in Ansehung dessen, was existiert, zu erweitern. ……….Es ist also an dem so berühmten ontologischen (cartesianischen )Beweise vom Dasein eines höchsten Wesens aus Begriffen alle Mühe und Arbeit verloren, und ein Mensch möchte wohl ebensowenig aus bloßen Ideen an Einsichten reicher werden als ein Kaufmann an Vermögen , wenn er, um seinen Zustand zu verbessern , seinem Kassenbestande einige Nullen anhängen möchte“( „Kritik“ AA S $03/404).

                 In diesem Text stützt sich Kant auf die bisherigen Erkenntnisse in seiner „Kritik“, nach der die Ideen der Vernunft keinen Wahrheitsgehalt aufweisen. Gott ist eine interessante Idee, die als solche durchaus in anderer Beziehung als Gegebenheit interessant sein kann. Gott ist aber nicht beweisbar, weil er keinen Bezug zur Erfahrung bietet. Allerdings ist aus denselben Gründen, und das sagt Kant ausdrücklich, auch die Nichtexistenz Gottes nicht nachzuweisen.

Eigentlich wollte ich hier die Aussagen Kants zum ontologischen Gottesbeweis beenden, habe aber dann zu Beginn seiner Ausführungen  zum kosmologischen Gottesbeweis  eine abschließende Betrachtung zum ontologischen Gottesbeweis gefunden (“Kritik“AA S.404/405), die belegt, dass der Philosophie Kants durchaus der gesunde Menschenverstand zugrunde liegt und dass Kant ,wenn er will, anschaulich, eingängig und lebensnah schreiben kann, wenn auch manche seiner Sätze extrem lang sind:

„Es war etwas ganz Unnatürliches und eine bloße Neuerung des Schulwitzes, aus einer ganz willkürlich entworfenen Idee das Dasein des ihr entsprechenden Gegenstandes selbst ausklauben zu wollen. In der Tat würde man es nie auf diesem Weg versucht haben, wäre nicht das Bedürfnis unserer Vernunft, zur Existenz überhaupt irgendetwas Notwendiges (bei dem man im Aufsteigen stehen bleiben könnte) anzunehmen, vorhergegangen, und wäre nicht die Vernunft, da diese Notwendigkeit unbedingt und a priori gewiss  sein muss, gezwungen worden, einen Begriff zu suchen, der womöglich einer solchen Forderung ein Genüge täte und ein Dasein völlig zu erkennen gäbe. Diesen glaubt man nun in der Idee eines allerrealsten Wesens zu finden, und so wurde diese nur zur bestimmteren Kenntnis desjenigen, wovon man schon anderweitig überzeugt oder überredet war, es müsse existieren, nämlich des notwendigen Wesens gebraucht. Indes verhehlte man diesen natürlichen Gang der Vernunft, und anstatt bei diesem Begriff zu endigen, versuchte man bei ihm von ihm anzufangen, um die Notwendigkeit des Daseins aus ihm abzuleiten, die er doch nur zu ergänzen bestimmt war. Hieraus entsprang nun der verunglückte ontologische Beweis, der weder für den natürlichen und gesunden Verstand noch für die schulgerechte Prüfung etwas Genugtuendes bei sich führt“.

 

Den traditionellen kosmologischen Gottesbeweis stelle ich vor in der Beweisführung von Thomas von Aquin.

Dieser große mittelalterliche Theologe und Philosoph hat seinen kosmologischen Gottesbeweis in vier Beweisgänge unterteilt.  Im Gegensatz zum ontologischen Gottesbeweis besteht der kosmologische Beweis nicht nur aus reinen Begriffen, sondern geht von sinnlich erfahrbaren Erkenntnissen aus, nämlich von der erlebbaren Welt und schwingt sich dann mittels der Vernunft zu Schlussfolgerungen mit reinen Begriffen auf. Thomas hat sich dabei an der klassischen griechischen Philosophie und insbesondere an Aristoteles orientiert.   

 

                   Der fünfte thomistische Beweisgang ist nach Kant dem physikotheologische Beweis zuzurechnen.

 

Ich betrachte die ersten drei Beweisgänge, die Gott einheitlich über seinen Ursprung definieren. Dazu zitiere ich Thomas auszugsweise aus seiner Summa Theologiae, prima pars, quaestio 2 in der Übersetzung von Hans Zimmermann, 2003.

Erster Beweisgang:

Der erste und handgreiflichere Beweisgang ist einer, der von Seiten der Bewegung bzw. Veränderung vorgenommen wird. Es ist nämlich gewiss und steht sinnlich erfahrbar fest, dass etwas in dieser Welt bewegt bzw. verändert wird. Alles aber, was bewegt bzw. verändert wird, wird von einem anderen bewegt bzw. verändert. ……

Wenn folglich das, von dem aus verändert wird, selbst verändert wird, muss es auch selbst von einem anderen verändert werden und jenes wieder von einem anderen.

Hier aber ist kein Vorschreiten ins Unendliche, weil so kein Erstes Bewegendes bzw. Veränderndes wäre; und dem zufolge gäbe es nichts, was ein anderes bewegte bzw. veränderte, weil die zweiten Bewegenden nichts weiter bewegen, es sei denn dadurch, dass sie selbst bewegt werden vom Ersten Bewegenden aus, wie der Stock nichts bewegt, es sei denn dadurch, dass er von Hand bewegt wird.

Folglich ist es notwendig, hinabzuschreiten zu einem Ersten Bewegenden bzw. Verändernden, das selbst von keinem anderen bewegt bzw. verändert wird, und das begreifen wir als „Gott“.

 

Zweiter Beweisgang:

Der zweite Beweisgang wird geführt mit der intelligenten Struktur der Wirkursache. Wir finden nämlich, dass in der Sinnenwelt eine geordnete Reihe von Wirkursachen statthat; dennoch wird nicht vorgefunden und ist auch nicht möglich, dass eine Wirkursache seiner selbst sei, weil es so früher als es selbst sein müsste, was unmöglich ist.

                              Es ist aber nicht möglich, dass man bei den Wirkursachen ins Unendliche vorschreitet, weil bei allen aufgereihten Wirkursache das Erste die Ursache des Mittleren, und das Mittlere die Ursache des Letzten ist, sei es, dass das Mittlere in mehreren oder nur in einem besteht. Wenn aber die Ursache aufgehoben wird, wir die Wirkung mit aufgehoben, Folglich wird es, wenn es kein Erstes in den Wirkursachen gibt, auch kein Letztes noch Mittleres geben.

Aber wenn man bei den Wirkursachen ins Unendliche vorschreiten könnte, würde es keine Erste Wirkursache geben, und so gäbe es weder eine letzte Wirkung noch mittlere Wirkursachen, was offensichtlich unlogisch wäre. Folglich ist es notwendig, eine Erste Wirkursache zu setzen, die alle „Gott“ nennen.

 

Dritter Beweisgang:

Der dritte Beweisgang wird aus dem Möglichen und dem Notwendigen genommen und ist solcherart:

Wir finden nämlich in den Dingen etwas, dem möglich ist zu Sein oder nicht zu Sein, weil vorgefunden wird, dass etwas wird und zugrunde geht und demzufolge die Möglichkeit hat, zu Sein und nicht zu Sein.

Es ist aber unmöglich, dass alles, was es gibt, solcherart ist, weil das, dem es möglich ist nicht zu Sein, auch irgendwann nicht Ist.

Wenn also allem möglich ist, nicht zu Sein, war irgendwann Nicht-Sein in den Dingen. Aber wenn dies wahr ist, dann wäre auch jetzt nichts, weil, was nicht Ist, nicht anfängt zu sein, es sei denn durch etwas, was Ist; wenn also nichts Seiend war, war es unmöglich, dass etwas anfing zu Sein., was offen sichtlich unlogisch wäre.

                                   Folglich ist nicht alles Seiende möglich, aber es muss etwas Notwendiges Sein in den Dingen. Alles Notwendige aber hat entweder die Ursache seiner Notwendigkeit von anderem her, oder hat sie nicht von anderem her.

Es ist aber nicht möglich, dass man ins Unendliche vorschreitet bei den Notwendigen, die eine Ursache ihrer Notwendigkeit haben., so wie dies ja auch nicht bei den Wirkursachen möglich war, wie bewiesen worden ist. Folglich ist es notwendig, etwas zu setzen, was von selbst notwendig ist, was dier Ursache seiner Notwendigkeit nicht von anderem hernimmt, aber Ursache der Notwendigkeit für die anderen ist, was alle „Gott“ nennen“.   

 

Selbst dann, wenn die drei thomistischen Beweisgänge zutreffend wären, stünde damit nur fest, dass Gott der Schöpfer des Kosmos wäre und damit  über unvorstellbare Kompetenzen verfügen würde. Weitere Eigenschaften wären nicht bewiesen.

Seit Kant geht die herrschende Meinung der Philosophen davon aus, dass diese thomistischen  Beweise  nicht stichhaltig sind. Dem schließe ich mich an und stelle fest,  dass alle drei Beweisgänge auf einem Prinzip beruhen, nämlich der Ursache als Ausgangspunkt für die Existenz Gottes. Dabei wird Gott definiert als unbewegter Beweger, als ursachenlose Ursache  und als erste Notwendigkeit für die Entstehung der Welt. Alle drei Gottesbegriffe sind eingebettet in den unendlichen Ursachenverlauf und werden dadurch relevant, dass der Ursachenverlauf willkürlich aufgehalten wird, um damit den unbewgten Beweger oder die ursachlose Ursache oder die erste Notwendigkeit als Ursprung und Urheber der Welt gewinnen zu können.

Im Rahmen unserer verstandenmäßigen Erkenntnis kann der Verstand aber den Ursachenverlauf nicht aufhalten, sondern muss ihn  aufgrund seiner Gebundenheit an die Erfahrung  als infinit bewerten. Im unendlichen Ursachenverlauf aber kann man einen  Schöpfergott nicht ausfindig machen.  Die Beweise sind also gescheitert.

In ihrem Bestreben, über die Erfahrung hinaus doch noch zu einem befriedigendem Ergebnis zu kommen, beendigt die Vernunft den unendlichen Ursachenverlauf und installiert die ursachenlose Ursache in den drei Beweisbildern des Tomas von Aquin als Schöpfergott. Dieses Bemühen der Vernunft führt zu keiner Erkenntnis Gottes im Verstandesbereich der Realität, sondern stellt  eine Tröstung und möglicherweise eine Glaubenshilfe dar.

Diese oben dargelegte Kritik ist eine solche, die im Sinne Kants den kosmologischen Gottesbeweis des Thomas von Aquin betrifft. Kant selbst hat seine Kritik am kosmologischen Gottesbeweis von Leibniz ausgerichtet. Hier macht Kant deutlich, dass dieser Beweis einen verkappten ontologischen Gottesbeweis darstellt und desshalb ebenfalls ohne Beweiskraft ist.

 

Den physikotheologischen  Gottesbeweis, auch teleologischer Gottesbeweis genannt,  bezieht Kant nicht auf einen besonderen , von einem bekannten Philosophen oder Theologen formulierten Beweisgang, sondern schildert ihn mit eigenen Worten und kritisiert ihn alsdann: 

Dieser Beweis verdient, jederzeit mit Achtung genannt zu werden. Er ist der älteste, klarste und der gemeinen Menschenvernunft am meistem angemessenme. Er belebt das Studium der Natur, so wie e rselbst von diesem sein Dasein hat und dadurch immer neue Kraft bekommt. Er bringt Zwecke und Absichten dahin, wo sie unsere Beobachtung nicht von selbst entdeckt hätte, und erweitert unsere Naturkenntnisse.. . Diese Kenntnisse wirken aber wieder auf ihre Ursache, nämlich die veranlassende Idee zurück und vermehren den Glauben an einen höchsten Urheber bis zu einer unwiderstehlichen Überzeugung.

  …Die Vernunft, die durch so mächtige und unter ihren Händen immer wachssende -obzwar nur empirische-  Beweisgründe gehoben wird, kann durch keine Zweifel subtiler abgezogener Spekulation so niedergedrückt werden, dass sie nicht aus jeder grüblerischen Unentschlossenheit, , gleich als aus einem Träume, durch einen Blick, den sie auf die Wunder der Natur und der Majestät des Weltbaues wirft, gerissen werden sollte, um sich von Größe zu Größe bis zu allerhöchsten, vom Bedingten bis zu Bedingung  bis zum obersten und unbedingten Urheber zu erheben“ („Kritik“ AA S. 415/416)

 

Ich habe diesen letzten, sehr langen Satz mit Bedacht zitiert, weil Kant hier besonders deutlich macht, dass die Vernunft, auch wenn sie nicht in der Lage ist, Wahrheiten zu beweisen, dennoch im Hinblick auf die Wunder der Natur und der Majestät des Weltbaus einen vernünftigen Gottesglauben unterstützen kann.

 

Anschließend beschreibt Kant physikotheologischen Gottesbeweis wie folgt:

„Die Hauptmomente des physikotheologischen Beweises sind folgende:

  1. In der Welt finden sich allwärts deutliche Zeichen einer Anordnung nach bestimmter Absicht, mit großer Weisheit ausgeführt und in einem Ganzenvon unbeschreiblicher Mannigfaltigkeit des Inhalts sowohl als auch unbegrenzter Größe des Umfangs.
  2. Den Dingen der Welt ist diese zweckmäßige Anordnung ganz fremd und hängt ihnen nur zufällig an, d.i.die Natur verschiedener Dinge konnte von selbst durch so vielerlei sich vereinigende Mittel zu bestimmten Endabsichten nicht zusammenstimmen, wären sie nicht durch ein anordnendes vernünftiges Prinzip nach zu Grunde liegenden Ideen dazu ganz eigentlich gewählt und angelegt worden.
  3. Es existiert also eine erhabene und weise Ursache (oder mehrere), die nicht bloß als blindwirkende allvermögende Natur durch Fruchtbarkeit, sondern als Intelligenz durch Freiheit die Ursache der Welt sein muss.
  4. Die Einheit derselben läßt sich aus der Einheit der wechselseitigen Beziehungen der Teile der Welt als Glieder von einem künstlichen Bauwerk an demjenigen, wohin unsere Beobachtung reicht, mit Gewissheit´, weiterhin aber nach allen Grundsätzen der Analogie mit Wahrscheinlichkeit schließen“ („Kritik“ AA S. 416/417).

 

An ihren Werken sollt ihr sie erkennen. Dieses Johanneszitat,( leicht verändert durch die Ersetzung des Wortes „Taten“ durch „Werk“) drückt aus, wie Kant diesen letzten Gottesabeweis dahin gehend beschreibt,   , dass die Ursache aus der Wirkung ermittelt werden kann.

 

Nachdem Kant vorstehend sehr wohlwollend und nachvollziebar  den physiotheologischen Gottesbeweis vorgestellt und begründet hat, muss er allerdings verneinen, dass sich diese sympatsche Gottesthese beweisen lasse:   

Der Beweis könnte also höchstens einen Weltbaumeister, der durch die Tauglichkeit des Stoffs, den er bearbeitet,immer sehr eingeschränkt wäre, aber nicht einen Weltschöpfer, dessen Idee alles unterworfen ist, dartun, welches zu der großen Absicht, die man vor Augen hat, nämlich ein allgenugsames Urwesen zu beweisen, bei weitem nicht hinreichend ist. ….

Der Schluss geht also von der in der Welt so durchgängig zu beobachtenden Ordnung und Zweckmößigkeit als einer durchaus zufälligen Einrichtung auf das Dasein eine ihr proportionierten Ursache. Der Begriff dieser Ursache aber muss uns etwas ganz Bestimmtes von ihr zu erkennen geben, und er kann also kein anderer sein als der von einem Wesen, das alle Macht, Weisheit  etc., mit einem Worte alle Vollkommenheit als ein allgenugsames Wesen besitzt.

Denn die Prädikate von sehr grosser, von erstaunlicher, von unermeßlicher Macht und Trefflichkeitgeben geben gar keinen Begriff und sagen eigentlich nicht, was an sich das Ding an sich selbst sei, sondern sind nur Verhältnisvorstellungen von der Grösse des  Gegenstandes, den der Beobachter (der Welt) mit sich selbst und seiner Fassungskraft vergleicht…..

Also kann die Physiotheologie keinen bestimmten Begriff von der obersten Weltursache geben…..

Nachdem man bis zur Bewunderung der Größe der Weisheit, der Macht etc. des Welturhebers gelangt ist und nicht weiter kommen kann, so verläßt man auf einmal dieses durch empirische Beweisgründe geführte Argument und geht zu der gleich anfangs aus der Ordnung und Zweckmäßigkeit der Welt geschlossenen Zufälligkeit (gemeint ist hier Dasein) derselben. Von dieser Zufälligkeit (von diesem Dasein ) allein geht man nun lediglich durch transzendentale Begriffe zum Dasein eines Schlechthinnotwendigen  und von dem Begriffe der absoluten Notwendigkeit der ersten Ursache auf den durchgängig bestimmten oder bestimmenden Begriff derselben, nämlich einer allumfassenden Realität.

Also blieb der physikotheologische Beweis in seiner Unternehmung stecken, sprang in dieser Verlegenheit plötzlich zu dem kosmologischen Beweise über;und da diesewr nur ein versteckter ontologischer Beweis ist, so vollführte er seine Absicht wirklich bloß durch reine Vernunft….

So liegt demnach dem physikotheologischen Beweise der kosmologische, diesem aber der ontologische Beweis vom Dasein eines einigen Urwesens als höchstem Wesen zum Grunde…. „ („Kritik“ AA S.418/419).

Der ontologische Gottesbeweis wird, wie bereits ausgeführt, ausschließlich nur mit reinen Vernunftsbegriffen und  ohne den mindesten Bezug zu Erfahrungstatsachen geführt und bietet deshalb keinen Erkennrniswert.

Wenn Kant meint, der physikotheologische Gottesberweis sei im Grunde ein ontologischer und deshalb ohne Beweiskrasft , so ist sein Gedankengang  der folgende: 

Der physikotheologische Beweis beginnt mit den unbeschreilich großartigen Tatsachen der sinnlich erfahrbaren Welt und schließt daraus auf einen unbeschreiblichen großartigen Schöpfergott. Dieser Beweis will also aus den Wirkungen, das ist der Kosmos, auf die Ursache, das ist Gott, Bezug nehmen. Hier sind wir aber wiederum dem Problem ausgesetzt, dass der Ursachenlauf ein unendlicher ist und dass es keine Erfahrung gibt, wie man diesen Regress  ins Unendliche aufhalten kann. Dieser Unmöglichkeit begegnet die Vernunft mit einen reinen Gedankenargument und und konstatiert ohne erfahrungsgemäße Legitimation, dass es eine erste ursachenlose  Ursache geben müsse. Damit ist der unbewegtree Beweger, die ursachenlose Ursache, der Schöpfergott des Kosmos geboren. Die Vernunft ist befriedigt, aber ein Beweis ist nicht gewonnen.

 

 

Meinen Weg zum Verständnis Kants beschließe ich an dieser Stelle mit den folgenden Anmerkungen:

Kant hat überzeugend argumentiert, dass menschliche Erkenntnis nur in einem Zusammenspiel zwischen der sinnlichen Wahrnehmungen und den Kartegorien des Verstandes realisiert werden kann.. Dabei ist es nicht möglich, die Welt, wie sei wirklich ist, also das Ding an sich, zu erkennen, weil alle Sinneseindrücke durch die eingeboreren Verstandsesbegriffe, den Kategorien, interpretiert werden. Aber zumindest erhält der Mensch eine damit für ihn gültige und durch allgemein menschliche Vereinbarungen gesicherte Wahrheit.

Damit ist auch geklärt, dass es menschliche Erkenntnisse, die über die Kompetenz des Verstandes hinausreichen, nicht geben kann. Solche Denkvorgänge sind Aktivitäten der Vernunft, die als dem Verstand übergeordnetes Denkschema versucht, die dem Verstand unzugänglichen Fragen zu lösen. Die Gottesfrage und die gesamte, sonstige traditionelle Metaphysik, also die synthetischen Urteile  a priori, sind das Reich der reinen Vernunft und wegen des Fehlens eines Bezugs zur sinnlichen Erfahrung nicht beweisbar und damit  reine Spekulation. Das ist Kants klare Absage an den Rationalismus.

 

In dem inständigen  Bestreben der Menschen, einen Sinn für ihre Existenz,einen Maßstab für ihr Handeln und eine Erklärung für ihre Vergänglichkeit und für ihre sonstiges Schicksal zu finden, konstruieren sie aus reinen Vernunftsgründen einen allmächtigen Gott. Dieses von ihnen definierte Urwesen suchen sie zu ihrer eigenen Versicherung zu beweisen. Dies gelingt nicht, wie Kant überzeugend dargelegt hat. So ist der Raum geschaffen für den Glauben, zumal auch der Versuch, die Nichtexistenz Gottes darzulegen, nicht erfolgreich ist.

Im Angesicht dieses Ergebnisses lehnt Kant die Vorstellung einer Existenz Gottes aber nicht ab, sondern bewertet die Gotteidee als ein philosophisches und religiöses Postulat (Siehe Kants Werk:Kritik der praktischen Vernunft AA S.122 ff).